Abstract

ZusammenfassungWie wird ein Begriff konzeptualisiert, für welchen kein eindeutiger sprachlicher Ausdruck zur Verfügung steht? Eine entsprechende Semantik muss sich zwangsläufig sprachlicher Bilder bedienen, um den abstrakten Begriff oder Aspekte daraus sicht- und begreifbar zu machen und gleichzeitig an der Bedeutungsbildung mitzuwirken. Im Fall der Responsibilität wird der Diskurs u. a. durch die Spiegelmetapher mit ihrer Vielfalt an Bedeutungs- und Assoziationsmöglichkeiten geprägt. Der responsible Mensch orientiert sich an ihm vor Augen gestellten Spiegel- oder Vor-Bildern und trägt Verantwortung dafür, dass er für andere selbst ein solches vor Augen gestelltes Bild wird. Auch die innere moralische Instanz des Gewissens kann mit dem Sprachbild des Spiegels zum Abgleich mit herrschenden ethischen Normen anregen und als Ergebnis Responsibilität einfordern, welche individualethischer, sozialethischer oder kosmologischer Natur sein kann. Darin sind sich der monastische und der höfische Responsibilisierungsdiskurs (als Beispiel dienen die Engelberger Predigten sowie der Welsche Gast Thomasins von Zerclaere) in ihrer grundsätzlichen Ausrichtung durchaus ähnlich, auch wenn sich in den Narrativen der beiden Kulturbereiche spezifische Unterschiede bemerkbar machen. In beiden Diskursen erfolgt eine (nur graduell unterschiedliche) Übertragung von Verantwortung von unten nach oben in der sozialen Hierarchie. Dabei wird stets auch die Rolle des freien Willens bei der Zuschreibung und Übernahme von Verantwortung verhandelt.

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