Bei 26 neugeborenen männlichen Kälbern aus 23 verschiedenen Betrieben wurden im Rahmen eines Versuchs zur Prophylaxe von infektiösen Durchfallerkrankungen mit spezifischen Dotterantikörpern auch Untersuchungen zur systemischen Verfügbarkeit von kolostralem bovinen Immunglobulin G (blgG) und von Hühner‐Immunglobulin Y (IgY) aus zugefüttertem Volleipulver durchgeführt. Den Kälbern wurde dazu in den ersten 14 Lebenstagen täglich zum gleichen Zeitpunkt eine Blutprobe entnommen. In Verbindung mit der Kolostrumgabe war die blgG‐Konzentration am Tag 1 post natum am höchsten und lag im Mittel bei einem Wert von 9,3 mg/ml Serum. Der gemittelte blgG‐Spiegel nahm anschließend kontinuierlich ab und erreichte am Tag 12 post natum einen signifikant niedrigeren Wert von 4,9 mg/ml Serum. Bis zum Ende der Beobachtungsperiode (Tag 14 post natum) blieb die mittlere blgG‐Konzentration weitgehend stabil (5,2 mg/ml). Die Gesamtproteinkonzentrationen im Serum blieben hingegen im Beobachtungszeitraum relativ konstant (im Mittel 56,8 mg/ml; SD 11,2). Die Anzahl der Kolostrumgaben je Tier hatte keinen signifikanten Einfluß auf die Höhe der bIgG‐Konzentrationen. Die Streubreite der individuellen Konzentrationen war an den einzelnen Tagen der ersten beiden Lebenswochen enorm. Der mittlere Variationskoeffizient lag bei 52,1 % (SD 5,7). Bei der Berechnung der individuellen bIgG‐Kurvenverläufe mittels einer Regressionsgleichung ergaben sich zwei Gruppen mit signifikant verschiedenem Eliminationsverhalten. So zeigte eine Gruppe (n= 10) mit Eliminationskonstanten von k < —0,02 eine mittlere Halbwertszeit für blgG von 24,3 Tagen (SD 4,6). Bei den übrigen Kälbern (n = 16) mit einer Eliminationskonstante für blgG von k >—0,02 lag die berechnete Halbwertszeit möglicherweise aufgrund der frühzeitiger erfolgten blgG‐Eigensynthese bei einem theoretischen Wert von 68,5 Tagen (SD 36,7). An 18 Kälbern wurde im selben Versuchszeitraum täglich 20 g Volleipulver mit einem IgY‐Gehalt von 15 mg/g verabreicht. Wurde das Eipulver bereits erstmals in den ersten 12 Lebensstunden zugefüttert, so erreichten die Kälber maximale IgY‐Konzentrationen von im Mittel 1,9 ug/ml Serum. Ein späterer Beginn der Eipulverzulage hatte signifikant niedrigere IgY‐Spiegel zur Folge. Wurde sie beispielsweise zwischen der 25igsten und 48igsten Lebensstunde begonnen, so zeigte sich eine mittlere IgY‐Konzentra‐tion von nur 0,035 μg/ml Serum. Aus der Berechnung der individuellen Eliminationskonstanten mittels einer Regressionsgleichung (r2 = 0,84) ergab sich eine mittlere Halbwerfszeit für IgY von 5,0 Tagen (SD 2,5). Um die Resorption und damit auch die mögliche systemische Wirksamkeit von speziesfremden Antikörpern weitgehend zu verhindern, sollte Eipulver zur Prophylaxe von infektiösen Durchfallerkrankungen beim neugeborenen Kalb demzufolge erst 24 bzw. besser 48 Stunden post natum zugefüttert werden. Entscheidend für eine wirksame Prophylaxe gegen infektiöse Durchfallerkrankungen ist allein die hohe intestinale und nicht die systemische Verfügbarkeit von spezifischen Antikörpern.
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