Abstract

In dieser Untersuchung analysiere ich Geste, Ikonografie und Landschaftsaufbau in Aleksandr Sokurovs Filmen, um ihren spezifischen Umgang mit der Zeit und ihre Verpflichtung gegenuber der Historizitat ihrer Bildsprache aufzuzeigen. Mein hermeneutischer Ausgangspunkt ist Aby Warburgs alternative Herangehensweise an die Historizitat von Bildern, vor allem das besondere Augenmerk auf die Montagemechanismen zusammen mit der anthropologischen Bestrebung, eine Geschichte der Gestenubertragung im Westen zu formulieren. Warburgs Projekt kann bestimmte Aspekte der Poetik Sokurovs beleuchten, insbesondere ihre Beziehung zu literarischen, bildlichen und filmischen Traditionen. Die Geste der Stille, das sogenannte signum harpocraticum, spielt eine zentrale Rolle in Sokurovs Filmografie, da sie die Bedingungen einer Medialitat der kinematografischen Geste an sich betont. Die Geste der Stille etabliert die Deixis einer historisch-politischen Offenheit und eines dialektischen Moments, durch welche die Figur des historischen Zeugen Gestalt annimmt. Als Gegenschuss zu diesem direkten Appell an den Zuschauer begunstigen Bilder von Nebel, Sturm und Gewitter nicht nur eine haptische Visualitat, sondern auch eine Darstellung der “Nebel” der Geschichte. In diesen Nebeln versucht Sokurov, eine Erinnerung herauszulocken und sich ihrer schlieslich zu “bemachtigen, wie sie im Augenblick einer Gefahr aufblitzt” (Walter Benjamin). Das Historische, das Politische und das Heilige liegen in Sokurovs Filmen zwischen der Geste der Stille und der Darstellung des Nebels.

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