Abstract

ZusammenfassungMehr als 30 Jahre nach der Wende scheint der Deutungskampf um das Ende des DDR-Rundfunks nicht beigelegt zu sein. Einerseits werden die mangelnden Einflussmöglichkeiten Ostdeutscher bei der Gestaltung des Rundfunks nach 1989 kritisiert. Andererseits wird die Eingliederung in das westdeutsche Rundfunksystem als Erfolg gefeiert, wobei die verschiedenen Identifikationsmöglichkeiten hervorgehoben werden, die die neu gegründeten Landessender von Anfang an boten. Dieser Beitrag fragt, wie Ostdeutsche den DDR-Rundfunk und seine Abwicklung heute erinnern. Gestützt auf die Strukturations- und Identitätstheorie von Anthony Giddens und auf der Basis von 37 biographischen Interviews wird ein Spektrum von Deutungen aufgezeigt, die Menschen aus Ostberlin rückblickend mit dem Medienstrukturumbruch verbinden. Die Studie zeigt, dass neben einer Gruppe von Befragten, die den späten DDR-Rundfunk kaum oder gar nicht in ihre Selbsterzählungen eingebunden haben, die Vergegenwärtigung dieser Einrichtung über unterschiedliche Biographien hinweg im Modus einer Selbstvergewisserung stattfindet. Dabei werden Zuordnungen und Abgrenzungen zur DDR-Herkunft vorgenommen. Die DDR-Rundfunkgeschichte wird mit Identität aufgeladen, was zum einen auf die medial dominanten DDR- und Ost-Diskurse zurückzuführen ist, zum anderen auf die verschiedenen (Kollektiv‑)Erfahrungen und Lebensbedingungen der Ostdeutschen nach 1989.

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