Abstract

Der vorliegende Beitrag verweist auf aktuelle Studienergebnisse, welche im Rahmen einer Mixed-Methods Studie zu extremistischen Einstellungen im Auftrag des Bundesministeriums für Inneres zwischen März 2022 und März 2023 entstanden sind. Für diese Untersuchung wurde zwischen Mai und Juli 2022 eine für Österreich repräsentative, standardisierte und mehrsprachige Erhebung unter insgesamt 1.977 Personen durchgeführt. Im Rahmen der telefonisch und online ermittelten Befragung konnten insgesamt 10 Gesprächspartner:innen für anschließende qualitative Tiefeninterviews zum Thema Corona gewonnen werden. Die Studie zeigt, dass die Glaubwürdigkeit öffentlicher Diskurse angesichts der Corona-Krise leidet und deutliche Abstufungen in den Einstellungen gegenüber Corona-Verschwörungstheorien erkennbar sind. So kann zwischen Ablehnenden, Ambivalenten und Verschwörungsgläubigen unterschieden werden. Letztere zeichnen sich nicht nur dadurch aus, dass sie auch antisemitische Deutungen im Zusammenhang mit Corona-Verschwörungstheorien akzeptieren, sondern sich auch eine höhere Demokratieskepsis und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit auszeichnen.Anknüpfend an die quantitativen Ergebnisse können aus den zehn qualitativen Tiefeninterviews – unter Vorbehalt der geringen Interviewzahl – drei unterschiedliche Typologien abgeleitet werden: Unzufriedene, Ambivalente und autoritäre Verschwörungsgläubige. Der Beitrag verfolgt das Ziel, die Ergebnisse der Studie im Überblick darzustellen und insbesondere die Rolle des Medienkonsums und des Vertrauens in Medien und Politik zu berücksichtigen. Wenngleich also von einer pauschalen Pathologisierung im Zusammenhang mit dem Glauben an Corona-Verschwörungstheorien abzusehen ist, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Verschwörungstheorien auch dazu dienen können, Gewalt gegen bestimmte Personengruppen zu legitimieren (vgl. Lindemann 2020, S. 29). Darin liegt auch das extremistische Bedrohungspotenzial: Wenn die Gewaltanwendung ge gen bestimmte gesellschaftliche Gruppen legitimiert wird – seien es Ärzt:innen, Wis senschafter:innen, Medienvertreter:innen, Politiker:innen oder geimpfte Personen – besteht die Möglichkeit, dass die Skepsis gegenüber den Corona-Maßnahmen, die häufig von Unsicherheit und einem Vertrauensrückgang in das politische System beför dert wird, kippt und ein Nährboden für Radikalisierung entsteht.

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