Abstract

Das Unionsrecht offentlicher Dienstleistungen ist dadurch gepragt, dass es unterschiedliche Interessen der EU und der Mitgliedstaaten ebenso in Einklang bringen muss wie Markt- und Wohlfahrtsinteressen. Dieser Beitrag untersucht wie diese mehrdimensionale Interessenabwagung im Kontext des Artikel 106 Abs 2 AEUV vom Gerichtshof der EU und der Kommission durchgefuhrt wird. Neben der Abwagung, die sich unmittelbar aus der Anwendung der Ausnahmebestimmung ergibt, kommt insofern auch der Ausgestaltung ihres Anwendungsbereichs Bedeutung zu. Insgesamt scheint die Union die potenziellen Interessenkonflikte internalisiert zu haben. Einerseits hat sich die EU, vertreten durch den EuGH und die Kommission, zum Hauptakteur entwickelt, dem das letzte Wort in der Ausgestaltung dieser Dienstleistungen zukommt und der dadurch den Spielraum der Mitgliedstaaten hinsichtlich ihrer Bereitstellung, Auftragsvergabe und Finanzierung zunehmend beschrankt. Andererseits erlaubt Artikel 106 Abs 2 AEUV nur eine masgeschneiderte und begrenzte Abweichung von den Wettbewerbsregeln, die im Einklang mit der „allgemeinen Vertraglichkeitsprufung“ zur Identifizierung wirtschaftlicher Tatigkeiten auszulegen ist. Im Ergebnis liegt Artikel 106 Abs 2 AEUV ein System zu Grunde, das es erlaubt, potenziell widerspruchliche Interessen zugunsten funktionierender offentlicher Dienstleistungen miteinander in Einklang zu bringen. Dabei ist jedoch entscheidend, dass die diesem System immanenten Pramissen und Grenzen respektiert werden.

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