Abstract

Identitätspolitik wird dafür kritisiert, linke Bewegungen zu spalten und lediglich Reformismus zu betreiben. Dem daraus abgeleiteten Ruf nach Linkspopulismus, der die „soziale Frage“ wieder artikulieren soll, wird von identitätspolitischer Seite wiederum ein zu vereinheitlichender Bezug auf Klasse und Nation vorgeworfen. In diesem Essay argumentiere ich einerseits, dass beide Positionen in ihren Extremen das Politische verneinen und dass zwischen ihnen andererseits eine ambivalente Spannung herrscht: Die Konstruktion von Identität ist notwendig für die Artikulation von Interessen, wirkt tendenziell aber essentialistisch, weshalb sie immer wieder auf Ausschlüsse untersucht und dementsprechend kritisiert werden muss. Ich schlage vor, diese Spannung als konstitutives Prinzip einer radikaldemokratischen Identitätspolitik anzuerkennen: Identitätskonstruktionen müssen konstant kritisiert werden, gleichzeitig bilden sie jedoch die Chance, eine gegenhegemoniale Alternative zur neoliberalen Hegemonie zu etablieren.

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