Abstract

Im Rahmen eines vom Umweltbundesamt geforderten Forschungsprojektes zur Entwicklung eines biologischen Tests mit der Suswasserschnecke Marisa cornuarietis fur geschlechtshormonahnlich wirkende Substanzen wurden unter anderem die Effekte des als Xenoostrogen verdachtigten Bisphenols A (BPA) untersucht. Zusatzlich zu den Laborversuchsreihen mit der Apfelschnecke M. cornuarietis wurden Versuche mit der Zwergdeckelschnecke Potamopyrgus antipodarum als Suswasserspezies sowie zwei marinen Arten, der Netzreusenschnecke Nassarius reticulatus und der Nordischen Purpurschnecke Nucella lapillus, durchgefuhrt. Wahrend N. reticulatus als sediment-bewohnende Art uber Kunstsedimente exponiert wurde, erfolgte fur die drei anderen Spezies die Exposition aquatisch. Die Tests mit der Apfelschnecke deckten einen nominalen Konzentrationsbereich von 1 bis 100 μg BPA/l in einem 5-monatigen Versuch mit adulten Tieren und einem kompletten Lebenszyklustest uber 12 Monate sowie einen Bereich von nominal 0,05–1 μg BPA/l (analytisch ermittelt: 0,0079–0,404 μg/l) in einem 6-monatigen Experiment mit adulten Exemplaren ab. In den drei Versuchsreihen loste die Testsubstanz ein komplexes Syndrom physiologischer und morphologischer Veranderungen bei M. cornuarietis aus, das als Ausbildung von ‘Superweibchen’ bezeichnet wird. Betroffene Exemplare sind durch zusatzliche weibliche Geschlechtsorgane, eine Vergroserung der akzessorischen Geschlechtsdrusen im Genitaltrakt, Missbildungen des pallialen Eileiterabschnitts mit einer daraus resultierenden erhohten Mortalitat der Weibchen und eine massive Stimulation der Ei- und Gelegeproduktion charakterisiert. Bei den Experimenten ergab sich eine LOEC von 48,3 ng/l, eine NOEC von 7,9 ng/l und eine EC10 von 13,9 ng/l. Superweibchen traten auch bei den drei anderen untersuchten Schneckenarten auf, doch wurden bei diesen wahrscheinlich aufgrund artspezifischer Unterschiede in der Anatomie der Genitaltrakte keine Eileitermissbildungen gefunden. Bei Potamopyrgus antipodarum loste BPA in einem 9-wochigen Experiment (nominaler Konzentrationsbereich: 1 bis 100 μg/l) eine vermehrte Bildung von Embryonen wahrend der sexuellen Ruhephase aus. Fur den Versuch ergab sich eine invertiert Uformige Konzentrations-Wirkungsbeziehung. Die 3-monatige Exposition von Nassarius reticulatus erfolgte uber kunstliche Sedimente (nominaler Konzentrationsbereich: 10–1000 μg/kg TG). BPA zeigte bei dieser Art konzentrationsabhangig eine uterotrophe Wirkung, die sich in einer signifikanten Vergroserung und Gewichtszunahme der akzessorischen Eileiterdrusen auserte. Adulte Nucella lapillus wurden uber einen Zeitraum von 3 Monaten aquatischen Nominalkonzentrationen von 1–100 μg BPA/l ausgesetzt. Die Superweibchen waren bei dieser Art ebenfalls durch vergroserte akzessorische Geschlechtsdrusen und eine verstarkte Eibildung gekennzeichnet. Zusatzlich loste die Testsubstanz aber auch bei den Mannchen charakteristische Veranderungen aus: Der Anteil fortpflanzungsfahiger Tiere mit reifen Spermien in der Vesicula seminalis ging ebenso zuruck wie die Ausdehnung von Penis und Prostata. Auch bei dieser Spezies wurden bereits bei der niedrigsten Testkonzentration statistisch signifikante Effekte im Vergleich zur Kontrolle ermittelt (LOEC ≤ 1 μg BPA/l; NOEC < 1 μg BPA/l). Die Ergebnisse zeigen, dass Vorderkiemerschnecken bereits bei erheblich niedrigeren BPA-Konzentrationen als andere systematische Gruppen des Tierreichs negative Effekte zeigen. Daher ist zum Schutz der aquatischen Lebensgemeinschaften und vor dem Hintergrund der derzeit auf EU-Ebene stattfindenden Risikobewertung fur BPA eine Berucksichtigung der vorgestellten Resultate zu fordern.

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