Abstract

Wenige Ereignisse von globaler Bedeutung haben zuletzt so kontroverse Debatten angeregt wie die Steuervermeidung multinationaler Unternehmen. Die politischen Reaktionen darauf scheinen einseitig. Die einst von der Finanzwissenschaft vertretene verteilungspolitische Funktion der Besteuerung spielt in der Krisenbearbeitung nur noch eine marginale Rolle. Im vorliegenden Beitrag wird dies auf einen ideengeschichtlichen Wandel in der Steuertheorie zurückgeführt. Die Argumentation erfolgt in drei Schritten: Zunächst wird die Entwicklung der Finanzwissenschaft rekonstruiert, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg von den Sozialwissenschaften abgrenzte und dafür technische Argumente anführte. Als mit der Wirtschaftskrise der 1970er Jahre das Instrumentarium der Fiskalpolitik in Rede stand, kam es zur Rekonzeptualisierung von Besteuerungsgrundsätzen. Dieser Prozess wird an den für die Steuertheorie maßgeblichen Beiträgen von Klaus Tipke (Recht) und Dieter Schneider (Ökonomie) illustriert. Beide beziehen sich auf Ordnungsvorstellungen Friedrich Hayeks. Die von ihnen vorgeschlagenen Besteuerungskonzepte behandeln Steuervermeidung nur noch am Rande und verweisen auf eine Engführung der liberalen Steuertheorie. Der Beitrag schließt mit einem Ausblick auf Forschungsdesiderate.

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