Abstract

ZusammenfassungErwartungseffekte bei Antidepressiva wurden in zahlreichen randomisierten Studien und Metaanalysen nachgewiesen. In den Placebogruppen zeigten sich sowohl relevante Verbesserungen der depressiven Erkrankungen (Ansprechraten: Placebo 40 % vs. Verum 50 %) als auch belastende Nebenwirkungen im Sinne von Noceboeffekten. Diese Befunde unterstreichen den Einfluss individueller Erwartungshaltungen auf die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Antidepressiva und legen nahe, dass diese auch beim Absetzen relevant sind. Das Absetzen von Antidepressiva kann mit belastenden Beschwerden wie Schwindel, Schlaflosigkeit und Reizbarkeit verbunden sein. Diese sog. Absetzsymptome sind in der Mehrzahl der Fälle mild und klingen nach wenigen Tagen bis Wochen wieder ab. Sind Patient:innen allerdings nicht auf solche möglichen Beschwerden vorbereitet, kann deren Auftreten Ängste vor einem Rückfall oder einer Abhängigkeit auslösen. Insbesondere, wenn das Absetzen ohne ärztliche und psychologische Begleitung stattfindet, können Absetzsymptome leicht mit dem Wiederauftreten einer Depression verwechselt werden. In der aktuellen Versorgungspraxis finden sich zunehmend Berichte zu missglückten Absetzversuchen und entsprechend negativen Erwartungen an das Absetzen. Erwartungen lassen sich vornehmlich in der Interaktion mit Behandelnden und über die Patient:innen-Information verändern. Dieser Beitrag diskutiert therapeutische Strategien zum Umgang mit Absetzsymptomen mit dem Ziel, Erwartungen, angepasst an individuelle Vorerfahrungen, zu optimieren. Um realistische Erwartungen zu erarbeiten und den Absetzprozess durch eine therapeutische Begleitung positiv zu beeinflussen, können Strategien wie Psychoedukation, Framing, die Aufklärung über Placebo- und Noceboeffekte sowie die Erarbeitung von Coping-Strategien eingesetzt werden.

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