Abstract

Die Situationsanalyse (SiA) ist eine postmodern-feministische Weiterentwicklung der Grounded Theory, die seit den frühen 2000er-Jahren maßgeblich von der US-Soziologin Adele E. Clarke entworfen, in der Politikwissenschaft aber bislang kaum beachtet wurde. Dabei ist ihr Potenzial für politikwissenschaftliche Forschung im Allgemeinen sowie für feministisch-kritische Politikfeldanalysen im Besonderen nicht zu unterschätzen. Mit der SiA kann der gouvernementale Politikbegriff überwunden und eine umfängliche politikfeldspezifische feministische Machtanalyse realisiert werden. Die SiA steht im Einklang mit intersektionalen, postkolonial-feministischen und anderen konstruktivistischen Repräsentationstheorien und ermöglicht es, die feministische Idee einer Vielzahl von konfliktorisch angelegten Öffentlichkeiten in die Politikfeldanalyse zu integrieren. Hilfreich sind v.a. drei Strategien: (1) die Konzeptionalisierung des Politikfeldes als ‚Arena‘, in der verschiedene ‚soziale Welten‘ existieren und interagieren; (2) die Suche nach ‚implizierten Akteur*innen‘; (3) das Sichtbarmachen von epistemischer Diversität. Konkret bietet die SiA mit ihren Mapping-Strategien methodische Werkzeuge, mit deren Hilfe ein Politikfeld in seiner ganzen Heterogenität sichtbar gemacht werden kann. In diesem Beitrag gehe ich zunächst auf die lückenhafte politikwissenschaftliche Rezeption der SiA ein, um sodann aufzuzeigen, wie die SiA für die Politikwissenschaft und insbesondere für feministisch-kritische Politikfeldanalysen fruchtbar gemacht werden kann. Dies verdeutliche ich immer wieder skizzenhaft am Beispiel der deutschen Prostitutionspolitik.

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