Abstract

ZusammenfassungDas Genre der Autofiktion gehört zu den erfolgreichsten und meist diskutierten Phänomenen der internationalen Gegenwartsliteratur des vergangenen Jahrzehnts. Autorinnen und Autoren von Autofiktion verwenden vielfältige literarische Mittel, um das zu tun, was der Roman seit jeher getan hat: den Raum des Privaten auszuleuchten. Doch das Private der Autofiktion – so argumentiert der vorliegende Artikel – unterscheidet sich strukturell vom Begriff der Privatheit, der dem fiktionalen Roman zugrunde liegt. Am Beispiel von Sheila Hetis Roman Motherhood (2018; dt. Mutterschaft, 2020) und dessen Rezeption in verschiedenen Youtube-Formaten zeigt der Aufsatz, dass das Private, das von der Autofiktion zugänglich gemacht wird, nicht länger als Rückzugsort des Individuums zu verstehen ist. Vielmehr inszeniert und reflektiert Autofiktion ein Modell von Privatheit, in dem intensive Selbstbeobachtung in den Dienst des Knüpfens neuer sozialer Verbindungen gestellt wird. Autofiktion thematisiert das vernetzte Leben und inszeniert mit der Grenzüberschreitung von fiktionaler und nichtfiktionaler Welt ein ästhetisches Pendant des Netzwerkens. Der Artikel argumentiert somit, dass der Erfolg gegenwärtiger Autofiktion im Zusammenhang mit einem Strukturwandel von Privatheit in der Netzwerkgesellschaft verstanden werden sollte.

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