Ziel: Umfassende Analyse und Bewertung dorsaler und kombinierter Operationsmethoden für Frakturen des thorakolumbalen Überganges mit spinalem Einstand hinsichtlich funktioneller, röntgenologischer, orthopädischer und neurologischer Parameter unter besonderer Berücksichtigung der ventralen spinalen Clearance und der Rolle postoperativer Resteinstände. Studiendesign: 105 Patienten mit Frakturen zwischen T10 und L3 und radiologischem Nachweis eines Spinalkanaleinstandes wurden in 4 Operationsgruppen analysiert: dorsale Operation (n = 10), dorsale Operation mit transpedikulärer Spongiosaplastik (n = 19), kombiniert dorso-ventrale Operation (n = 52), kombinierte Operation mit spinaler Clearance (n = 24). Datenerfassung zu Unfall und Operation erfolgte retrospektiv. Analysiert wurden Unfallmechanismus, Frakturtyp, neurologischer Status prä- und postoperativ, funktionelle Parameter, CT und Röntgenaufnahmen. Nachuntersuchung war im Mittel 3 Jahre postoperativ mit Erfassung des neurologischen Status, funktioneller Parameter und Kontroll-CT. Ergebnisse: Durchschnittsalter war 38 (14 - 74) Jahre. Häufigste Unfallursache war Sturz aus der Höhe (43,8 %). Häufigster verletzter Wirbelkörper war L1 (41,0 %) und häufigster Frakturtyp Kompressionsfraktur Typ A3 (48,6 %). 54,3 % hatten behandlungsbedürftige Begleitverletzungen, 19,0 % waren polytraumatisiert. Durchschnittliche Dauer der dorsalen Stabilisierung war 1:48 h, der ventralen Operation ohne Clearance 2:49 h und mit Clearance 4:38 h (p < 0,005). Wahrscheinlichkeit starker Blutungen war mit Clearance signifikant größer (p < 0,0001). Komplikationen waren häufiger bei kombinierten Operationen (p = 0,016). 74,3 % der Patienten wurden nachuntersucht. Hinsichtlich funktioneller Parameter (Zufriedenheit/Einschränkung Rückenbeweglichkeit/Berufs- und Freizeitaktivität/Hannover-Wirbelsäulenscore) bestanden keine Unterschiede zwischen den Operationsgruppen. 61 % der präoperativ berufstätigen Patienten blieben postoperativ in Beschäftigung. 27,6 % wiesen neurologische Ausfälle zur Aufnahme auf, bei 65,5 % verbesserte sich die Neurologie um mindestens eine Stufe auf der Frankel/McBride-Skala bis zur Entlassung. Clearance verbesserte die Neurologie um mindestens eine Stufe in 8 von 10 Fällen (80 %), dorso-ventrale Operation ohne Clearance in 10 von 17 Fällen (59 %). Die höhere Besserungsrate in der Clearance-Gruppe war statistisch nicht signifikant. Pedikelschraubenbruch war signifikant häufiger (p < 0,01) bei dorsal operierten Patienten. Bruch des ventralen USIS-Implantats erfolgte in 17,6 %. Körperwinkel und sagittaler Index betrugen präoperativ im Mittel - 14,8° und 0,66 und postoperativ - 5,8° und 0,87 (p < 0,001). Bis zur Nachuntersuchung kam es zu einem Korrekturverlust des KW auf - 8,2° und des SI auf 0,82. Am geringsten war der Verlust in der Gruppe der kombiniert operierten Patienten. Patienten mit transpedikulärer Spongiosaplastik verloren ca. 50 % des Korrekturgewinns. Noch ausgeprägter waren Veränderungen des GDW. Der mittlere spinale Einstand für alle Operationsgruppen betrug präoperativ 48 %, zur Nachuntersuchung 17 % (p < 0,001). Clearance-Patienten hatten postoperativ einen Resteinstand von ca. 5 %, alle anderen Gruppen ca. 20 % (p < 0,001). Der Spearman-Rangkorrelationskoeffizient für Einengung des Spinalkanals und dem Vorhandensein neurologischer Symptome für das Gesamtkollektiv war r = 0,56 (p = 0,01). Unterschiede in der Spinalkanalfläche zwischen postoperativen CT und CT zur Nachuntersuchung bestanden nicht. Weder sekundäre Stenosierung noch Spontanresorption konnte demonstriert werden. Schlussfolgerungen: Ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen der Einengung des Spinalkanals und dem Vorhandensein neurologischer Symptome bestand. Trotzdem ist eine Verbesserung der neurologischen Situation auch bei Vorliegem von moderaten Resteinständen (ca. 20 %) möglich. Die Clearance führt zu keiner signifikant höheren Rückbildung neurologischer Ausfälle. Remodeling-Vorgänge, i. S. der Entwicklung von sekundären Spinalkanalstenosen oder Spontanresorption von verbliebenen Fragmenten konnten wir nach 3 Jahren nicht feststellen. Die Notwendigkeit zur vollständigen Clearance des Spinalkanals kann damit mit unserem Kenntnisstand (Nachuntersuchung nach 3 Jahren) nicht bestätigt werden. Langzeitstudien müssen die potenzielle Stenosierung im Spätverlauf untersuchen und die Rolle der Clearance abschließend klären. Kombiniert dorso-ventrale Operationen mit ventraler Spanabstützung sind am effektivsten für die Wiederherstellung des Wirbelsäulenprofils und weisen die geringste Rekyphosierungsrate auf. Ventrale Single-rod-/Single-clamp-Konstrukte sind obsolet.