Abstract

ZusammenfassungDie Themen ›Wille‹ und ›Wollen‹ bilden eine zentrale, aber bisher wenig beachtete Diskursebene in Hartmanns Gregorius. Im Brennpunkt dieses Diskurses steht das Gegenüber von menschlichem und göttlichem Willen, das als Spannung zwischen Verfügbarmachung und Unverfügbarkeit verhandelt wird. Hartmanns Legendenroman greift dafür auf ein Plotmuster zurück, wie es unter anderem für die lateinische Brandanlegende charakteristisch ist. Es dient dazu, die Text und Handlung des Gregorius strukturierenden Wasserpassagen des Protagonisten als Selbstüberantwortung an den Willen Gottes zu erzählen. Indem Hartmann das Handlungsmuster bei Gregorius’ Entscheidung zum Aufbruch von der Klosterinsel in auffälliger Weise variiert, wird der zweite Inzestfall nicht als Schuld im moraltheologischen Sinne, aber als subjektiv-personal zurechenbare Folge einer korrekturbedürftigen Haltung des Protagonisten im Verhältnis zu seinem kreatürlichen Willen dargestellt. Bei Hartmann wird eine quasimystische Willenstheologie in Erzählung umgegossen. In deutlicher Abgrenzung von der französischen Vorlage reflektiert seine Bearbeitung auf diese Weise die Grenzen menschlicher Selbstbestimmung und Verfügbarmachung, und zwar sowohl in immanenter als auch in transzendenter Perspektive, das heißt in Bezug auf die Welt- wie die Gottesbeziehung. Der Prolog und die Tafel des Gregorius legen nahe, dass Hartmanns Legende auch auf einer Metaebene mit Unverfügbarkeit befasst ist, indem sie über das Problem der narrativen Vergegenwärtigung des Transzendenten nachdenkt.

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