Abstract

ZusammenfassungDer vorliegende Text analysiert die von den US-Amerikanern nach dem Zweiten Weltkrieg durchgeführten Gerichtsverfahren gegen Vertreter der deutschen Industrie. Anders als ein Großteil der existierenden Literatur aus den Bereichen des Internationalen Strafrechts/transitional justice und „Unternehmen und Menschenrechte“ verfolgt er dabei einen analytischen Ansatz und fokussiert die wirtschaftspolitischen Ordnungsvorstellungen, die den Verfahren zugrunde liegen. Dazu richtet die Analyse den Blick auf die Konzepte und Annahmen, anhand derer in den Urteilen die Beweise und Materialien zu Bildern der gewaltvollen Vergangenheit zusammengefügt werden. Anhand einer detaillierten Lektüre der juristischen Argumentation in Bezug auf die Anklagepunkte „Beteiligung am Angriffskrieg“, „Sklavenarbeit“ und „Plünderung“ zeigt der Text, dass die Richter die liberale Trennung von Staat und Wirtschaft als normative Setzung auf die Vergangenheit projizieren und rechtwidriges Verhalten der Unternehmer dort feststellen, wo der totalitäre Staat die Freiheit der wirtschaftlichen Sphäre verletzt. Ähnlich der ordoliberalen Theoriebildung verorten die Verfahren die Ursachen für die mit den Unternehmen assoziierte Gewalt im totalitären Staat und stilisieren im Umkehrschluss die freie Marktwirtschaft zum Garanten einer demokratischen Ordnung. Der Text schließt mit Überlegungen zu den Implikationen dieser Beobachtung für aktuelle Bestrebungen, der Gewalt im Kontext transnationaler Akkumulationsprozesse durch die Etablierung von Menschenrechtspflichten für Unternehmen zu begegnen.

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