Abstract

ZusammenfassungMigrantische Pflege- und Betreuungskräfte, die zusammen mit pflegebedürftigen Menschen in ihren Haushalten leben (sog. migrantische Live-Ins), sind eine tragende Säule der ambulanten Langzeitpflege in zahlreichen Ländern – so auch in Deutschland. Zur Arbeits- und Lebenssituation der Live-Ins liegen inzwischen zahlreiche empirische Untersuchungen vor, die damit einhergehende Problemlagen offenbaren. Ein Schlüsselelement der Live-In Arrangements, nämlich die Beziehungen zwischen den Involvierten, wurde bislang jedoch aus ethischer Perspektive noch nicht systematisch untersucht.Aufbauend auf sozio-empirischen Arbeiten, die die Bedeutung von „Care-Networks“ dargelegt haben, gehen wir von der Annahme aus, dass Live-Ins auf verschiedenen Ebenen in ein Netz von Beziehungen eingebettet sind, die für ihre Arbeits- und Lebenssituation wesentlich sind. Mit Hilfe der vier Care-Phasen Joan Trontos werden in diesem Beitrag bestehende Abhängigkeiten beschrieben und anhand der korrespondierenden vier ethischen Dimensionen reflektiert. Zentral sind die Fragen, wie sich die Abhängigkeiten im Live-In Arrangement auf der Basis des bisherigen Korpus empirischer Studien charakterisieren lassen und wie die Beziehungsstrukturen mit Fokus auf die Elemente Macht, Abhängigkeit und Vertrauen in der Care-ethischen Reflexion eingeordnet werden können.Auf der Basis dieser Analyse zeigt sich, dass die aus der Gleichzeitigkeit verschiedener Formen von Asymmetrie und gegenseitiger Abhängigkeit resultierende Ambivalenz in Live-In Arrangements allgegenwärtig ist und scheinbar widersprüchliche Beziehungsformen und Emotionen entstehen lässt. Die Verantwortlichkeiten der Beteiligten füreinander sind vage und werden auf der Grundlage impliziter Annahmen und problematischer Rollenerwartungen ständig neu ausgehandelt und auch ohne Aushandlung zugewiesen.Es gilt künftig, nicht nur auf der Mikroebene des einzelnen häuslichen Pflegearrangements Verantwortlichkeiten aus den unterschiedlichen Positionen und Rollen heraus und mit Blick auf die changierenden Prozesse der Sorgebeziehungen besser zu verstehen und zu klären, sondern sich ebenfalls auf der Meso- und Makroebene – bereichert durch Care-ethische Perspektiven – den drängenden ethischen Fragen und Problemen in Live-In Arrangements zu stellen.

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