Abstract

Paul Ladriere : Religion, Moral und Politik : die Debatte zur Abtreibung. ; ; Die Stellung der katholischen Kirche. Moralische Grundsatze der katholischen Autoritat : Achtung vor dem Leben, Anerkennung des Embryos als werdendes Kind, Verurteilung der Abtreibung. Die Infragestellung dieser moralischen Grundlagen im Innern des katholizismus besteht hauptsachlich in einer Kritik der ihnen zugrundeliegenden Naturphilosophie. Die kirchliche Autoritat begrundet ihren Eingriff in dem politischen Bereich im Namen ihres « Sinnes fur den Menschen », sie beurteilt den kulturellen Rahmen negativ und stellt sich gegen eine Dramatisierung der geheimen Abtreibung. Ihr Rechtskonzept fusst auf dem Begriff des « Gemeinwohls », auf der Unterordnung des legalen Rechts unter das natiirliche Recht, des Gesetzes unter die Moral, und auf der unumganglichen Notwendigkeit eines Strafgesetzes. Die Kirche verwirft jeglichen Gesetzentwurf, der die Abtreibung entkriminalisiert, und unterstreicht aile Gefahren, die eine « Liberalisierung » des Gesetzes mit sich bringen wurde. Die protestantische Stellung. Nicht im Rahmen von Grundsatzen sondern moralischen Anspruchen, verteidigen die Reformierten Kirchen eine Moral der Verantwortung : das Leben ist ein Gottes Segen, die Fortpflanzung eine freie Handlung, die Abtreibung ein letzter Ausweg. Sie beurteilen die kulturellen Veranderungen durch Wissenschaft und neue Techniken gunstig und betrachten die durch die repressive Gesetzgebung verfahrene Situation fur nicht haktbar. Sie schlagen Regelungen vor, die das neue Gesetz zu einem « abratendem » Gesetz werden lassen, und machen das Verhaltnis zwischen Gesetz und Moral von dem ethischen Konsens der Gesellschaft abhangig. Sie schlagen vor, den Begriff der Verzweiflungssituation durch den Begriff der « Indikation » zu ersetzen, eine Fursorgeeinrichtung zu schaffen und stehen der Gewissensklausel fur die Aerzte nicht ablehnend gegenuber. Die reformierten Kirchen sind fahiger als die katholischen Autoritaten, ihre religiosen Forderungen in politische Sprache umzusetzen, weil die Forderungen eher direkter ethischer Natur sind.

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