Abstract

ZusammenfassungDer Beitrag stellt die Ergebnisse der Interpretation qualitativer Interviews mit Corona-Kritiker:innen dar. Gefragt wurde nach den Formen der Gesellschaftskritik, die sich in den Interviews manifestieren. Die Analysen zeigen (1), dass die Kritik auf einem rationalistischen Verständnis von Krisenlösung beruht. Die Tatsache, dass die Corona-Krise aus dieser Sicht nicht rational bearbeitet wird, wird als Indiz dafür gesehen, dass damit grundsätzlich etwas nicht stimmen kann. Auf dieses Problem reagiert die conspirituality der Kritiker:innen, eine Kombination verschwörungstheoretischer und esoterischer Vorstellungen, deren Einheit im Interesse am Geheimnisvollen gründet. Die Analysen erlauben es, (2) den spezifischen Stil der Maßnahmenkritik als formale Pathetik zu bestimmen: Substanziell bleibt sie relativ leer, wird aber umso leidenschaftlicher vorgetragen. Die rhetorischen Mittel sind dafür das Ziehen möglichst drastischer Vergleiche, die Romantik des heroischen Widerstandskampfs sowie der Anspruch, sich für das Wohl der Kinder zu engagieren. Schließlich wird (3) eine gesellschaftstheoretische Einbettung der Maßnahmenkritik angeboten, die mit Eisenstadt davon ausgeht, dass die moderne Gesellschaft von einer Erosion der Grundlagen aller Gewissheit geprägt ist, was zu einem grundsätzlichen Glaubwürdigkeitsproblem führt, das sich im Verlust des Vertrauens in zentrale gesellschaftliche Institutionen (Politik, Wissenschaft, Medizin, Medien) ausdrückt. In geradezu idealtypischer Weise kommt dies in der Maßnahmenkritik zum Ausdruck.

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