Abstract

Der Lymphknotenstatus gilt derzeit als wichtigster prognostischer Einzelfaktor beim primären Mammakarzinom. Trotzdem erleiden 25-30% der nodalnegativen Patientinnen innerhalb von 10 Jahren ein Fernrezidiv. Eine Alternative zum Lymphknotenstatus könnte der Nachweis mikrometastatischer Zellen im Knochenmark sein. Im Gegensatz zu anderen Stratifikationsvariablen, die über das metastatische Potential des Tumors nur indirekt Auskunft geben, sind Lymphknotenstatus und Tumorzellnachweis Disseminationsmarker mit morphologischem Korrelat. Zwischen 1985 und 1995 wurde an der Universitäts-Frauenklinik Heidelberg, im Rahmen einer prospektivenn Studie, bei 1026 Patientinnen mit primärem Mammakarzinom eine bilaterale Knochenmarkpunktion der vorderen Beckenkämme durchgeführt. Das aspirierte Knochenmark wurde nach immunzytologischen Standardverfahren aufgearbeitet und die Interphasezellen mit dem monoklonalen Antikörper 2 E11 markiert. 2 E11 erkennt das Core-Protein des tumorassoziierten Glykoproteins TAG 12, das zur Gruppe der Brust-Muzine gehört und von 96% aller Mammakarzinome exprimiert wird. In unserem Studienkollektiv waren 42% aller Patientinnen tumorzellpositiv. Unter 546 nodalnegativen Frauen waren 31 % und unter 480 Patientinnen mit kleinen Mammakarzinomen (T1) waren 32% positiv. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 42 Monaten hatten 176 Frauen ein Fernrezidiv erlitten und 73 waren verstorben. In beiden Gruppen lag der Anteil tumorzellpositiver Fälle über 80%. In Cox-Regressionsanalysen, in deren Berechnung die adjuvante Systemtherapie als Prognosefaktor miteinbezogen wurde, konnte gezeigt werden, daß der Tumorzellnachweis ein hochsignifikanter und unabhängiger Prognosefaktor, sowohl für das rezidivfreie, wie für das Gesamtüberleben war. Insbesondere bei Patientinnen mit Tumoren < 2 cm zeigte sich der Nachweis epithelialer Zellen im Knochenmark dem Lymphknotenstatus weit überlegen (TCD = Tumor Cell Detection: p < 0,001, RR 12,3; Nodalstatus: p = 0.096, RR 2,34). Im Gegensatz zur Lymphonodektomie ist die Knochenmarkaspiration ein Eingriff mit minimaler Komplikationsrate und stellt eine denkbare prognostische Alternative zum Nodalstatus dar. Daher sollte in prospektiv-randomisierten Studien die Frage untersucht werden, ob nicht - zumindest bei Frauen mit T1-Karzinomen - auf die Lymphonodektomie zugunsten von Knochenmarkaspiration und Tumorzellnachweis verzichtet werden kann.

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