Abstract
ZusammenfassungHintergrundDie in der ICD-11 enger gefassten Kriterien der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und die Einführung der komplexen PTBS (kPTBS) mit zusätzlichen Schwierigkeiten in der Selbstorganisation und -regulation (SSO) können deutliche Auswirkungen auf die Diagnosehäufigkeit haben. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, aufgrund welcher ICD-11-Cluster Kinder und Jugendliche die Diagnose verfehlen und ob Bezugspersonen Veränderungen im SSO-Bereich eher auf den Entwicklungsstand oder das traumatische Ereignis attribuieren und wie diese Attributionen wiederum mit der Symptomschwere zusammenhängen.MethodenN = 88 deutschsprachige Kinder und Jugendliche (Alter: 7–17) mit traumatischen Ereignissen sowie N = 79 Bezugspersonen wurden zwischen September 2019 und November 2020 zur (k)PTBS-Symptomschwere (CATS-2) und der Attribution der SSO-Symptome (Fragebogen für Bezugspersonen) befragt.ErgebnisseDie ICD-11-Kriterien (CATS‑2 und eine entwicklungsangepasste Version) ergaben geringere Häufigkeitsraten der PTBS als DSM‑5 und ICD-10. Am seltensten wurden die ICD-11-Cluster „Wiedererleben“ und „Übererregung“ erfüllt. Veränderungen der SSO-Symptome wurden vorwiegend als ereignisbedingt eingeschätzt. Diese Attribution hing mit höherer PTBS- und SSO-Symptomschwere im Fremdbericht zusammen. Die entwicklungsbedingte Attribution hing mit einer höheren SSO-, jedoch nicht PTBS-Symptomschwere im Fremdbericht zusammen.DiskussionIm Rahmen der Diagnostik und bei der Überarbeitung von Diagnoseinstrumenten für ICD-11-(k)PTBS sollten auch entwicklungsspezifische Symptomausprägungen berücksichtigt werden. Eine Herausforderung stellt die Abgrenzung von Veränderungen im SSO-Bereich als „traumabezogen“ gegenüber „entwicklungsbedingt“ dar und erfordert mehrere Informationsquellen.
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