Abstract

ZusammenfassungDie Coronapandemie brachte für die Bevölkerung erhebliche Belastungen und Einschränkungen mit sich. Auch im Justizvollzug hatten pandemiebedingte Maßnahmen, wie die Einschränkung von Sozialkontakten und Vollzugslockerungen, negative Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Häftlinge. Auf der Grundlage dieser außergewöhnlichen Belastungssituation untersucht die vorliegende Studie die Übertragbarkeit des aus der Arbeits- und Gesundheitspsychologie bekannten „Job-demands-resources“(JD-R)-Modells von Bakker und Demerouti (2007) auf den Haftkontext, um dessen Potenziale bei der Aufhellung der Zusammenhänge zwischen Belastung und Folgen zu erkunden. In einer Fragebogenstudie wurden n = 956 Gefangene zu coronabedingten Belastungen durch Einschränkungen, dem therapeutischen Halt, ihrer psychischen Gesundheit, dem wahrgenommenen Lebenssinn, Suizidgedanken, ihrer Lebenszufriedenheit und dem Gesundheitserleben befragt.Entsprechend den Annahmen des JD-R-Modells zeigte sich, dass der Zusammenhang zwischen Belastungen durch Einschränkungen und Suizidgedanken, der Lebenszufriedenheit und dem Gesundheitserleben über die psychische Gesundheit der Gefangenen vermittelt wird. Des Weiteren zeigte sich, dass der therapeutische Halt als bedeutende Ressource für die Gefangenen fungiert und über den dadurch vermittelten Lebenssinn mit Suizidgedanken, der Lebenszufriedenheit und dem Gesundheitserleben im Zusammenhang steht. Postulierte Interaktionseffekte des Modells zwischen Belastungen und Ressourcen konnten in dieser Studie nicht repliziert werden. Dennoch zeigte sich tendenziell ein mildernder Einfluss des therapeutischen Halts auf die Negativeffekte von Belastungen durch Einschränkungen auf die psychische Gesundheit der Gefangenen.Die Ergebnisse verdeutlichen, dass sich Belastungssituationen im Haftkontext über die psychische Gesundheit negativ auf die Einstellungen und das Erleben der Gefangenen auswirken, während sich Ressourcen über den Lebenssinn positiv auf die Gefangenen auswirken. Insgesamt erscheinen eine Übertragung des JD-R-Modells auf den Haftkontext sowie die Überprüfung der Auswirkungen anderer haftrelevanter Belastungen und Ressourcen anhand eines „Prison-demands-resources-Modells“ in künftigen Studien sinnvoll.

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