Abstract

HintergrundEs gibt keine Opioidkrise in Deutschland. Neue Studien mit Nichttumorpatienten mit chronischen Schmerzen (CNTS) in Deutschland zeigen jedoch eine unerwartet hohe Prävalenz von Opioidgebrauchsstörungen nach Diagnostic and Statistical Manual for Psychiatric Diseases 5 (DSM-5).Ziel der ArbeitKritische Diskussion neuer Studienergebnisse zur Prävalenz von Opioidgebrauchsstörungen bei Schmerzpatienten in Deutschland.Material und MethodenSelektive Literaturrecherche und multiprofessionelle Einordnung der Ergebnisse durch Expertenrunde (Schmerztherapie, Neurologie, Psychiatrie, Palliativmedizin, Allgemeinmedizin und Suchttherapie).ErgebnisseDie Kriterien für die Diagnose „Opioidgebrauchsstörung“ des DSM‑5 sind auf Patienten mit CNTS nur eingeschränkt anwendbar, können aber für problematisches Verhalten sensibilisieren. Hierbei ist die Diagnose Opioidgebrauchsstörung nicht mit der Diagnose einer Substanzabhängigkeit nach ICD-10 gleichzusetzen, da die Diagnose nach DSM‑5 ein deutlich breiteres Spektrum abdeckt (mild, moderat, schwer). Risikofaktoren für eine Opioidgebrauchsstörung sind jüngeres Alter, depressive Störungen, somatoforme Störungen und hohe Opioidtagesdosen. Die interdisziplinäre Leitlinie zur Langzeitanwendung von Opioiden bei chronischen nichttumorbedingten Schmerzen (LONTS) enthält Empfehlungen, welche das Risiko für eine Opioidgebrauchsstörung reduzieren sollen.DiskussionEine Anpassung der DSM-5-Diagnosekriterien der Opioidgebrauchsstörung an die besondere Situation von Patienten mit CNTS und eine Validierung dieser Kriterien könnte helfen, in der Zukunft genauere Daten zu Opioidgebrauchsstörungen von Patienten mit chronischen Schmerzen in Deutschland zu erheben. Verordner sollten für diese Problematik sensibilisiert werden, ohne die Patienten zu pathologisieren oder gar zu stigmatisieren. Weitere Forschung zur Einordnung dieses bisher unterschätzten Phänomens ist notwendig.

Highlights

  • There is no opioid crisis in Germany

  • Auch die Prävalenz der Opiatabhängigkeit ist in Deutschland mit 0,2 % deutlich niedriger als in den USA mit 4 % [1, 18]

  • Zegel M, Rogers AH, Vujanovic AA, Zvolensky MJ (2020) Alcohol use problems and opioid misuse and dependence among adults with chronic pain: the role of distress tolerance

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Summary

Der Stellenwert von Opioiden bei chronischen Schmerzen

Opioidhaltige Analgetika gehören zur WHO-Liste der „essenziellen Medikamente“. Opioidhaltige Schmerzmittel haben einen hohen Stellenwert in der Tumorschmerztherapie und Palliativmedizin [26]. Der Stellenwert von Opioiden bei chronischen Nichttumorschmerzen (CNTS) ist jedoch umstritten [2]. Opioidhaltige Schmerzmittel sind bezüglich der Schmerzreduktion nichtopioidhaltigen Schmerzmitteln und nichtmedikamentösen Therapieoptionen nicht überlegen [3]. Dennoch entfallen circa drei Viertel aller Opioidverschreibungen in Deutschland auf Patienten mit CNTS [19, 22]

Gibt es eine Opioidepidemie in Deutschland?
Widersprüche zwischen Prävalenz und Mortalität
Spezifischere Hinweise auf Abhängigkeit
Erkennen einer Opioidgebrauchsstörung
Klinische Evaluation potenziell betroffener Patienten
Einhaltung ethischer Richtlinien
Literatur
Findings
Background
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