Abstract

ZusammenfassungJohannes de Sacroboscos (c. 1195–c. 1256) De sphaera, eine Einführung in die Kosmologie aus dem 13. Jahrhundert, war mit über 320 Drucken das am häufigsten edierte, kommentierte oder adaptierte astronomisch-kosmologische Handbuch der Frühen Neuzeit. Während die Rezeption und Verbreitung dieses Werkes im 16. und 17. Jahrhundert bereits vielfach untersucht wurden ist bisher übersehen worden, dass diese vermeintlich unproblematischen Sphaera-Textbücher auch vielfach Gegenstand der katholischen Zensur wurden, obwohl sie gerade eine Kosmologie enthielten, die Katholiken als Bollwerk gegen den aufkommenden Kopernikanismus betrachteten. Vorliegender Aufsatz untersucht erstmals die Dynamik und Motive der zahlreichen präventiven und posthumen Zensuren der römischen und iberischen Index- und Zensurorgane mit Bezug auf diesen Kosmologietraktat. Von protestantischen Autoren verfasste Kommentare zur Sphaera waren zwar prinzipiell verdächtig, wurden aber selten pauschal verboten. Vielmehr wurden sie aufgrund ihres wissenschaftlichen Wertes meist genehmigt, nachdem geringfügige, theologiebezogene Expurgationen durchgeführt worden waren. Der Kommentar (1550) des katholischen Autors Mauro da Firenze (1493–1556) wurde hingegen wiederholt und prinzipiell verboten, weil er theologisch bedenkliche Gedanken enthielt. Die hier präsentierte Fallstudie soll zum einen die Wissensdynamik der frühneuzeitlichen Sphaera-Tradition aus einem neuen Blickwinkel beleuchten, und zwar dem der Buchzensur. Zum anderen gewährt ein buchbezogener Längsschnitt Einblicke in die Ideologie und Praktiken der katholischen Buchzensur, wodurch auch die bekanntermaßen problematische Beziehung von Wissen und Religion in der vormodernen Zeit im Lichte einer Konfessionalisierung der Wissenschaften erscheint.

Highlights

  • Johannes de Sacroboscos (c. 1195–c. 1256) De sphaera, eine Einführung in die Kosmologie aus dem 13

  • Schreibt etwa Christoph Lüthy geradezu antithetisch und selbstbewusst über die „confessionalization of physics“: When writing about the so-called „Scientific Revolution“, historians are inclined to describe the detachment of the observational fact from the old philosophico-theological edifice of natural philosophy as a victory of science, and notably of a mathematical and empirical mentality, over metaphysics and as a sign of practical progress in quantification, instrumentation, observation, and experimentation

  • It could be argued, on a more sombre note, that the new emphasis on facticity is just as much an act of scientific liberation as it is the effect of censorship from without and within, in the sense that it constituted the only safe way of speaking about the created world without hurting religious feelings and triggering unpleasant private or public reactions (Lüthy : )

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Summary

Christoph Sander

Johannes des Sacrobosco and the Sphere Tradition in Early Modern Catholic Censorship. Des Weiteren wird Jakob Milich ( – ) in Melanchthons Brief in der in Wittenberg gedruckten Sacrobosco-Ausgabe, die weiter unten noch näher besprochen werden soll, lobend erwähnt, was diesem Gelehrten von katholischer Seite nicht zum Vorteil gereichen konnte und er somit ebenfalls von den römischen Zensoren genannt wurde. Wurde zudem erstmals eine bibliographische Angabe aus der erweiterten Fassung von Conrad Gessners ( – ) Bibliotheca ( ) zensiert: Dort wird auf die bereits erwähnte Wittenberger Ausgabe der Sphaera sowie von Sacroboscos Computus ecclesiasticus hingewiesen, der ebenfalls mit einem Vorwort Melanchthons versehen war (Knobloch & Reich ; Rosen ). Anders als vielleicht zu erwarten, schütteten sie jedoch nicht das Kind mit dem Bade aus: Mochten die Autoren auch Ketzer sein, ihre weltlichen Schriften waren hilfreich und durften, nach Anwendung etwaiger Expurgationen, auch von Katholiken gelesen werden

Die censura praevia und licentiae
Christoph Clavius Christoph Clavius Christoph Clavius André de Avelar
El filosofo
Literatur
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