Abstract

Zusammenfassung Dass der evangelikale Protestantismus in den USA in enger Verbindung zur kapitalistischen Moderne stand und sogar als eines ihrer erfolgreichsten „Produkte“ angesehen werden kann, ist eine weit über den Kreis der Vertreter der Ökonomie der Religion hinaus vertretene These. Im Zentrum dieses Aufsatzes stehen drei Fallstudien zu Dwight L. Moody (1837–1899), William „Billy“ Sunday (1862–1935) and Bruce F. Barton (1886–1967), die die marktgerechte Propagierung eines besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen dem Sohn Gottes und dem einzelnen Gläubigen, gekleidet in die Semantik von persönlicher Nähe und Geborgenheit, analysieren. Dieser Individualisierungsschub prägte die religiöse Kommunikation im protestantischen Milieu während der progressive era, einer Zeit extrem beschleunigter Urbanisierungs-, Migrations-, Industrialisierungs- und Rationalisierungsprozesse, entscheidend und wurde über den Kreis des Evangelikalismus hinaus ein wichtiger Aspekt bei der Konstruktion kapitalistischen Marktdenkens in den USA. Mit Jesus an ihrer Seite, so die Botschaft, könnten die Gläubigen nicht nur die Härten und Unwägbarkeiten ihres eigenen Lebens besser meistern und gesellschaftliche Übel bekämpfen, sondern sie gingen nun auch immer optimistischer in eine neue Welt des Konsums. Dieses Angebot war besonders für urban lebende weiße Männer attraktiv, die versuchten, ein Leben gestützt auf traditionelle christliche Werte mit den neuen Ansprüchen in der kapitalistischen Moderne in Übereinstimmung zu bringen und gerade durch die Verbindung eigentlich widersprüchlicher emotionaler Angebote zugleich fromme, starke und wirtschaftlich erfolgreiche Persönlichkeiten zu sein: ganze christliche Männer.

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