Abstract

HintergrundDas Sachverständigengutachten zur bedarfsgerechten Steuerung der Gesundheitsversorgung 2018 empfiehlt zur Entlastung der klinischen Notfallversorgung unter anderem, dem Rettungsdienst die Option einzuräumen, geeignete Patienten direkt in eine Praxis zur fachärztlichen Versorgung zu transportieren.FragstellungQuantifizierung von Patienten, die mit dem Rettungswagen (RTW) in der Notaufnahme vorgestellt wurden und sicher und sinnvoll zur Behandlung primär in eine Praxis transportiert hätten werden können.Material und MethodenRetrospektive Auswertung prähospitaler und klinischer Daten von erwachsenen Patienten, die innerhalb von 2 Monaten mit einem RTW in die Notaufnahme eines universitären Maximalversorgers eingeliefert wurden. Anhand einer durch Rettungsassistenten durchgeführten, 5‑stufigen Dringlichkeitseinschätzung erfolgte durch die Autoren zunächst die Kategorisierung in „dringliche“ (Arztkontakt innerhalb von maximal 30 min notwendig) und „weniger dringliche“ Fälle (Arztkontakt nicht in weniger als 30 min notwendig, maximal in 120 min). In der Gruppe der „weniger dringlichen“ Fälle wurden aus den klinischen Behandlungsdaten diejenigen mit ambulanter Weiterbehandlung diskriminiert sowie folgend die Fälle, deren administrative Notaufnahme von Montag bis Freitag (Feiertage ausgeschlossen) jeweils zwischen 08.00 und 19.00 Uhr stattfand (praxistaugliche Fälle). Außerdem erfolgte eine medizinisch-inhaltliche Differenzierung dieser Fälle und ein Vergleich mit der Dringlichkeitseinschätzung in der Notaufnahme (Manchester Triage System, MTS).ErgebnisseEs wurden n = 1260 Patienten mit dem RTW in die Notaufnahme disponiert (Gesamtbehandlungszahl n = 11.506). Bei n = 894 war eine prähospitale Dringlichkeitseinschätzung dokumentiert, auf deren Grundlage n = 477 (53,4 %) als „weniger dringliche“ Fälle kategorisiert und n = 317 (66,5 %) ambulant weiterbehandelt wurden, n = 114 (23,9 %) zu üblichen Praxisöffnungszeiten. Das entspricht 1 % aller im Beobachtungszeitraum behandelten Patienten. 70 Fälle dieser praxistauglichen Gruppe (63,6 % von n = 110 mit dokumentierter MTS) wurden in der Notaufnahme dringlicher eingestuft. Die prähospital dokumentierten Beschwerdebilder und die in der Klinik erhobenen Hauptdiagnosen lassen den Einsatz relevanter diagnostischer Ressourcen bei einer Vielzahl der praxistauglichen Fälle vermuten.DiskussionDie Notaufnahmen könnten im Zeitfenster üblicher Praxisöffnungszeiten bei primärer Disposition der weniger dringlichen, ambulant behandelten Fälle in eine Praxis von ungefähr jedem zehnten mit dem RTW disponierten Patienten und 1 % ihrer Gesamtpatientenzahl entlastet werden. Unter dem Aspekt der Patientensicherheit ist dieses Vorgehen mit > 60 % möglicher Untertriage kritisch zu bewerten. Für die Diagnostik und Behandlung müssten entsprechende Ressourcen in der Praxis vorhanden und dem Rettungsdienst bekannt sein. Die primäre Disposition in eine Praxis erscheint bezogen auf die mögliche Entlastung einer großstädtischen Notaufnahme unbedeutend, ist potenziell patientengefährdend und mit einem enormen logistischen Aufwand verbunden.

Highlights

  • In the 2018 advisory opinion concerning the realignment of healthcare, it is advocated that in order to relieve pressure on emergency departments (ED) prehospital medical emergency services should be given the option to directly transport suitable patients to doctors’ offices

  • dieser Frage führen wir zurzeit in Kooperation mit der Berliner Feuerwehr eine öffentlich geförderte Studie durch

  • determine the prevalence of patients treated by prehospital emergency services that have the potential to be directly allocated to a primary care provider

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Summary

Hintergrund und Fragestellung

In Sachverständigengutachten zur „Bedarfsgerechten Steuerung der Gesundheitsversorgung“ von 2018 [4] heißt es auf S. 548 „[. . . ] Die niedergelassenen Ärzte behandeln Patienten mit dringlichem ambulantem Behandlungsbedarf in ihren Praxen oder über den vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), der die ambulante Versorgung außerhalb der regulären Praxisöffnungszeiten sicherstellen soll. Sie sind aber auch direkte Anlaufstelle für Patienten, wobei hier eine stationäre Behandlungsoption oder deren Ausschluss im Fokus steht [. Zur Entlastung der oft überfüllten klinischen Notfallversorgung oder einer zu schaffenden zentralen Anlaufstelle wird weiter empfohlen, dem Rettungsdienst die Option des Patiententransporte direkt in eine Praxis zu gewähren. Dass es für den Rettungsdienst möglich ist, die Patienten am Einsatzort zu erkennen, bei denen ein solcher Transport nicht nur sicher, sondern auch sinnvoll ist, da höchstwahrscheinlich eine ambulante Weiterbehandlung erfolgt. Primäres Ziel dieser Arbeit ist es, auf Basis vorhandener prähospitaler und klinischer Daten zu prüfen, welcher Anteil der durch von einem Rettungstransportwagen (RTW) zugewiesenen Patienten sich nach der im Sachverständigengutachten ausgesprochenen Empfehlung potenziell eignen würde, direkt in eine rein ambulante Versorgungsstruktur transportiert zu werden und ob hierdurch eine sinnvolle Entlastung der Notaufnahmen zu erwarten wäre. Sekundär wird die prähospitale und klinische Dringlichkeitseinschätzung hinsichtlich der Konkordanz überprüft

Material und Methodik
Prähospitale Dringlichkeitseinschätzung
Gruppe Anteil an allen prähospital eingestuften Art der Weiterbehandlung
Klinische Ersteinschätzung
Praxistaugliche Gruppe Ambulante
Prähospitale Dringlichkeitseinschätzung und Art der Weiterbehandlung
Vergleich der prähospitalen mit der klinischen Dringlichkeitseinschätzung
Versorgung vor Ort
Background
Einhaltung ethischer Richtlinien
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