Abstract

Hintergrund: Angst und Schmerz bestimmen das Atmungsverhalten und den Muskeltonus der werdenden Mutter unter der Geburt. Eine adäquate Atmung in der Austreibungs- und Pressperiode wirkt sich schmerzlindernd aus und fördert die Entspannung - auch der glatten Muskulatur. Mutter und Kind sind bis zur Geburt eine funktionelle Einheit. Unter bestimmten Bedingungen ist das Atmungsverhalten der Mutter an den aktuellen Blutgasen (pCO2 und O2) und ihr Muskeltonus am BE des Fetus im NV-Blut direkt ablesbar. In dieser Studie wird der Versuch unternommen, diese Zusammenhänge darzustellen, zu quantifizieren und in ihrer forensisch-klinischen Bedeutung zu evaluieren. Methodik: Bei 101 Patientinnen unterschiedlicher Parität wurden genau zum Zeitpunkt der Geburt arterielle Blutgasanalysen (Art. radialis) gemacht und der SB-Status im NA- und NV-Blut bestimmt. Unabhängig davon wurde bei 453 Feten von Müttern unterschiedlicher Parität das direkt abgeleitete CTG während der letzten 30 Minuten ante partum elektronisch (CTG-Score) analysiert. 60 dieser Feten wiesen eine minimale CTG-Pathologie auf (Score = 0). Die blutgasanalytischen Werte im NV-Blut dieser Feten dienten als „Spiegel“ der mütterlichen Einflüsse. In einer weiteren, separaten Stichprobe von 4853 Feten, die unter „Standardbedingungen“ in völlig lebensfrischem Zustand (Apgar 1 min: 9/10) spontan und termingerecht zur Welt gekommen waren, wurden die blutgasanalytischen Daten in Abhängigkeit von der Parität analysiert. Die durch die mütterlichen Einflüsse (Atmung und Muskelarbeit) verursachte, physiologische Variabilität der pH-Werte im NV- und NA-Blut wurde aus den Absolutkonzentrationen der H+-Ionen (cH+), also über die Numeri, ermittelt (nmol/l) und dann in pH-Werte zurückgerechnet. Der BE wurde über den pHqu40 und das pCO2 über den pHnm (non metabolic pH) ebenfalls in cH+ transformiert; so konnte die Zusammensetzung der fetalen Gesamtazidität (cH+) und damit das Ausmaß (%) der „Transfusionsazidose“ und der „Hyperventilationsalkalose“ im NV-Blut quantifiziert werden. Ergebnisse: Der mediane, art. pH der Mutter betrug 7,419, Range: 7,302 - 7,590 (Mittel: 7,425 ± 0,058). Die arteriellen pCO2-Werte bei der Mutter lagen zum Zeitpunkt der Geburt median bei 23,3 mmHg (Mittelwert 22,8 ± 4,7 mmHg). Der kleinste Wert betrug 11,6 der höchste 32,0 mmHg. Ihr BE betrug median -7,6 mmol/l. Zwischen den pCO2-Werten im art. Blut der Mutter und den pCO2-Werten im NV-Blut besteht eine hochsignifikante Korrelation (r = 0,514, p < 10-4). Analoges gilt für den BE bei Mutter und Kind (NV-Blut): r = 0,521, p < 10-4. Je höher die Parität umso tiefer liegen die pCO2- und umso höher die pH-Werte und der BE im NV-Blut. Die Differenzen sind für alle fetalen Parameter hoch signifikant (p << 10-4). Jenseits der III-Parität sind statistisch keine Veränderungen mehr fassbar. Selektioniert man die Fälle anhand des (direkten) CTG (Score = 0) so liegt der mittlere pH-Wert im NV-Blut bei 7,397 ± 0,055. Diese Werte schwanken allerdings zwischen 7,290 und 7,514. Für das NA-Blut gilt: 7,316 ± 0,052, Range: 7,202 bis 7,455. Diese Variabilität in den pH-Werten ist mütterlichen Ursprungs. Nach Umrechnung der pH- in cH+-Werte ergibt sich eine Streubreite für cH+ von ± 25 % im NV- und von ± 28 % im NA-Blut; in pH-Werte zurückgerechnet resultiert daraus ein Streubereich von 0,154 Einheiten. Das Verhältnis (%) von respiratorischer und metabolischer Komponente im NV-Blut liegt median bei 46,6 zu 53,4 %, also 1,14; die Streubreite liegt allerdings zwischen 0,4 und 99,5 %. Die materno-fetale Transfusionsazidose beträgt anteilmäßig (%) median -5,5 % (im Mittel -7,6 ± 11,7 %), Range: -36,4 bis +12,7 % und die maternogene, fetale Hyperventilationsalkalose median 6,1 % (Mittel: 7,1 ± 5,6 %), Range: -2,4 bis 24,4 % der totalen fetalen cH+ (nmol/l) im NV-Blut. Schlussfolgerungen: Die mütterliche Hyperventilation sub partu ist deutlich stärker als bisher angenommen. Die Parität der werdenden Mutter spielt dabei eine entscheidende Rolle. Mütterliche Blutgase und BE determinieren den fetalen BE und die fetalen Blutgase im NV-Blut. Der mütterliche Einfluss führt (bei CTG-Score = 0) median zu einer Streubreite des akt. pH im NV-Blut von 0,154 Einheiten, sodass ein pH-Wert von 7,100 durch mütterliche Einflüsse zwischen 7,030 und 7,184 schwanken kann. In wissenschaftlichen Untersuchungen über die Aussagekraft des CTG und in forensischen Auseinandersetzungen (pH-Metrie, BE) muss dieser stets präsente Einfluss der Mutter stärker beachtet werden.

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