Abstract

Die Geschichte der Psychiatrie zeigt, dass ein Selbstbestimmungsrecht des psychisch Kranken im 19. Jahrhundert weitgehend unbekannt war, erst spät in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts mit dem rechtlichen Konzept der Einwilligung nach Aufklärung, dem „informed consent“, in der Medizin bekannt wurde und seit Beginn des 21. Jahrhunderts in der medizinischen Praxis zunehmend wahrgenommen und respektiert wird; diese Wahrnehmungsänderung trägt zu einem Wandel von einer paternalistischen zu einer partizipativen ärztlichen Einstellung bei. Im Kontext einer emanzipatorischen Entwicklung der Gesellschaft nimmt mit den wachsenden Möglichkeiten wirksamer Therapien, die selten ohne Risiken sind, die Notwendigkeit zu, den Patienten über den intendierten Nutzen und potenzielle Risiken der empfohlenen Intervention zu informieren und ihm damit die Voraussetzung zu schaffen, sein Selbstbestimmungsrecht wahrzunehmen. Zudem wachsen mit dem Übergang von einer sehr erfolgreichen Akutmedizin mit allerdings oft nur kurzem Arzt-Patienten-Kontakt zur Langzeitmedizin chronischer Erkrankungen die Möglichkeiten, den Patienten, insbesondere den psychisch Kranken, seine individuellen Eigenheiten, seine Einschränkungen und Fähigkeiten besser wahrzunehmen, ihn als Individuum, als Menschen in seiner jeweiligen Eigenart zu erleben und sein Selbstbestimmungsrecht zu respektieren, indem wir ihm dabei helfen, Nutzen und Risiken einer empfohlenen Intervention zu verstehen und selbstbestimmt abzuwägen.

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