HintergrundEine unzureichende Qualität der ärztlichen Leichenschau wird seit vielen Jahren in der rechtsmedizinischen Fachliteratur diskutiert. Es ist bekannt, dass bei älteren Verstorbenen im Vergleich zu jüngeren seltener eine nichtnatürliche Todesart attestiert wird und seltener Obduktionen durchgeführt werden.MethodeEs wurden die Todesbescheinigungen aller Sterbefälle analysiert, die in München im Sterbezeitraum vom 01.01.2013 bis zum 31.12.2014 mit einem Alter ≥ 75 Jahre verstarben. Es erfolgte eine standardisierte, anonymisierte Dateneingabe. Die erhobenen Daten wurden deskriptiv ausgewertet.ErgebnisseIm Untersuchungszeitraum verstarben insgesamt 26.303 Personen. Von diesen Sterbefällen waren 16.146 (60,7 %) ≥ 75 Jahre. Häufigste Sterbeorte der Betagten waren Krankenhaus (56,1 %), Privatadresse (21,8 %) und Altenheim (20,0 %). Eine natürliche Todesart wurde bei 88,5 %, eine ungeklärte bei 8,8 % und eine nichtnatürliche bei 2,7 % angegeben. Häufigste unmittelbare Todesursachen waren Krankheiten des Kreislaufsystems (23,5 %), ungenau bezeichnete bzw. unbekannte Todesursachen (20,0 %) und Krankheiten des Atmungssystems (16,3 %). Obduziert wurden 4,9 %, weit überwiegend gerichtlich. Die untersuchten Parameter zeigten bei den sterbeortabhängigen Analysen große Unterschiede.DiskussionDiese Untersuchung zeigt erneut erhebliche Qualitätsmängel bei der Ausfertigung von Todesbescheinigungen. Deren Qualität konnte in den letzten Jahren trotz des dualen Ansatzes der Münchner Gesundheitsbehörde (Kontrolle, Schulung) nicht nachhaltig verbessert werden. Todesarten und -ursachen zeigen teils erhebliche Unterschiede in Abhängigkeit von Sterbeort und leichenschauendem Arzt. Die festgestellten Defizite der unter der Rubrik „Todesursachen“ gemachten Angaben dürften auch auf die Todesursachenstatistik negative Auswirkungen haben.
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